Entscheidung des Bundesfinanzhofs zur Korrektur bestandskräftiger Bescheide nach Außenprüfung

Am 6. Mai 2024 entschied der Bundesfinanzhof (BFH) im Fall III R 14/22 zur Korrektur von bestandskräftigen Einkommensteuerbescheiden nach einer Außenprüfung. Der BFH hob das vorherige Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung zurück.

Hintergrund der Entscheidung
In den Jahren 2013 und 2014 ermittelte der Kläger, ein Einzelunternehmer, seinen Gewinn durch Einnahmenüberschussrechnung gemäß § 4 Abs. 3 EStG. Dabei wurden erheblicheMängel in der Kassenführung festgestellt. Die Aufzeichnungen waren nicht gegen nachträgliche Änderungen geschützt und es gab viele unbelegte Korrekturen auf den Z-Bons.

Wesentliche Aspekte der Entscheidung
Der BFH stellte fest, dass die Art und Weise der Aufzeichnungen des Steuerpflichtigen als Tatsache im Sinne des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO zu betrachten ist. Die Finanzbehörde kann aufgrund dieser Tatsachen eine Schätzung der Besteuerungsgrundlagen vornehmen, wenn die Aufzeichnungen unvollständig oder fehlerhaft sind.

Schätzung bei Mängeln in der Kassenführung
Sowohl bei Verletzung der Aufbewahrungspflicht als auch bei Verletzung der Aufzeichnungspflicht ist das Finanzamt dem Grunde nach zur Schätzung gemäß § 162 Abs. 1 und 2 AO berechtigt (BFH-Urteil vom 26.02.2004 – XI R 25/02, BFHE 205, 249, BStBl II 2004, 599, unter II.1.e). § 162 Abs. 1 Satz 1 AO regelt, dass die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen zu schätzen hat, soweit sie sie nicht ermitteln oder berechnen kann. Nach § 162 Abs. 2 Satz 1 und 2 AO ist insbesondere dann zu schätzen, wenn der Steuerpflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag beziehungsweise wenn die Buchführung oder die Aufzeichnungen der Besteuerung nicht nach § 158 Abs. 2 AO der Besteuerung zugrunde gelegt werden.

Nach § 158 AO in der in den Streitjahren geltenden Fassung sind die Aufzeichnungen des Steuerpflichtigen, die den Vorschriften der §§ 140 bis 148 AO entsprechen, der Besteuerung zugrunde zu legen, soweit nach den Umständen des Einzelfalls kein Anlass besteht, ihre sachliche Richtigkeit zu beanstanden. Diese Vorschrift gilt auch für Aufzeichnungen, die nach Einzelsteuergesetzen (z.B. § 22 UStG) zu erstellen sind, sowie für Aufzeichnungen im Zusammenhang mit einer Einnahmenüberschussrechnung (Seer in Tipke/Kruse, § 158 AO Rz 2; vgl. BFH-Urteil vom 12.12.2017 – VIII R 5/14, BFH/NV 2018, 602, Rz 33 f.; vgl. BFH-Beschluss vom 08.08.2019 – X B 117/18, BFH/NV 2019, 1219, Rz 16). Grundsätzlich verdient eine Einnahmenüberschussrechnung nur bei Vorlage geordneter und vollständiger Belege Vertrauen und kann für sich die Vermutung der Richtigkeit in Anspruch nehmen(BFH-Urteile vom 15.04.1999 – IV R 68/98, BFHE 188, 291, BStBl II 1999, 481, unter II.3. und vom 12.12.2017 – VIII R 6/14, BFH/NV 2018, 606, Rz 57).

Das Fehlen einer Verpflichtung zur Aufzeichnung der Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben bedeutet nicht, dass das Finanzamt die erklärten Gewinne oder Verluste stets ungeprüft hinnehmen muss. Der Steuerpflichtige trägt das Risiko, dass das Finanzamt oder das Finanzgericht die Besteuerungsgrundlagen nicht ermitteln oder berechnen können und deshalb die Voraussetzungen für eine Schätzung gemäß § 162 AO erfüllt sind (vgl. BFH-Urteil vom 15.04.1999 – IV R 68/98, BFHE 188, 291, BStBl II 1999, 481, unter II.3. und BFH-Beschluss vom 11.11.2022 – VIII B 97/21, BFH/NV 2023, 113, Rz 13).

Zur (Hinzu-)Schätzung berechtigen auch formelle Mängel der Aufzeichnungen über Bareinnahmen, die zwar keinen sicheren Schluss auf eine Einnahmenverkürzung zulassen, aber dazu führen, dass keine Gewähr mehr für die Vollständigkeit der Erfassung der Bareinnahmen besteht, ohne dass eine nachträgliche Ergänzung der Dokumentation beziehungsweise eine anderweitige Heilung des Mangels möglich wäre (vgl. BFH-Urteil vom 25.03.2015 – X R 20/13, BFHE 249, 390, BStBl II 2015, 743, Rz 27; BFH-Beschlüsse vom 14.08.2018 – XI B 2/18, BFH/NV 2019, 1, Rz 10 und vom 08.08.2019 – X B 117/18, BFH/NV 2019, 1219, Rz 18 f.).

Beratungshinweis für Mandanten
Diese Entscheidung unterstreicht die Bedeutung einer ordnungsgemäßen Kassenführung und Aufzeichnungspflichten für Einzelunternehmer. Fehlerhafte oder unzureichende Aufzeichnungen können zu nachträglichen Steuerkorrekturen und zusätzlichen Steuerbelastungen führen. Dies gilt nach BFH auch dann, wenn die jeweiligen Steuerbescheide nicht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erlassen und bekanntgegeben worden sind. Solange der Vorbehalt der Nachprüfung besteht, kann die Finanzbehörde den Steuerbescheid jederzeit ändern, sowohl zu Gunsten als auch zu Ungunsten des Steuerpflichtigen. Dies ermöglicht der Behörde, nachträglich erkannte Fehler zu korrigieren oder zusätzliche Informationen zu berücksichtigen. Ein Steuerbescheid unter dem Vorbehalt der Nachprüfung wird nicht bestandskräftig. Das bedeutet, er erlangt nicht die gleiche rechtliche Unanfechtbarkeit wie ein endgültiger Steuerbescheid. Die Fristen für Einsprüche oder Klagen ändern sich jedoch nicht. Der Vorbehalt der Nachprüfung kann aber nicht unbegrenzt bestehen bleiben. Nach Ablauf der Festsetzungsverjährung, die in der Regel vier Jahre beträgt, kann der Bescheid nicht mehr geändert werden, es sei denn, es liegen bestimmte Ausnahmefälle vor (z.B. bei Steuerhinterziehung). Vorliegende BFH-Entscheidung stellt nunmehr klar, dass Bescheide auch ohne Vorbehalt der Nachprüfung über die Korrekturvorschrift des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO zur Durchbrechnung der Bestandskraft vom Finanzamt herangezogen werden kann. Wir empfehlen daher dringend, Ihre Buchführungs- und Aufzeichnungspraxis regelmäßig zu überprüfen und sicherzustellen, dass alle gesetzlichen Anforderungen erfüllt sind. Bei Fragen oder Unsicherheiten stehen wir Ihnen gerne beratend zur Seite.

Automatischer Austausch von Informationen über Finanzkonten in Steuersachen nach dem Finanzkonten-Informationsaustauschgesetz (FKAustG)

Einführung

Der automatische Austausch von Informationen über Finanzkonten in Steuersachen spielt eine wesentliche Rolle im internationalen Kampf gegen Steuerhinterziehung und Steuervermeidung. Das Finanzkonten-Informationsaustauschgesetz (FKAustG) regelt in Deutschland die Durchführung dieses Austauschs. In diesem Beitrag informieren wir über die finale Staatenaustauschliste 2024, die für den automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten zum 30. September 2024 veröffentlicht wurde und über die Konsequenzen für Steuerpflichtige.

Hintergrund

Das Finanzkonten-Informationsaustauschgesetz (FKAustG) verpflichtet deutsche Finanzinstitute, Daten über meldepflichtige Finanzkonten an das Bundeszentralamt fürSteuern (BZSt) zu übermitteln. Diese Informationen werden dann automatisch mit den zuständigen Behörden anderer Staaten ausgetauscht. Ziel ist es, die Transparenz zu erhöhen und steuerliche Missbräuche zu verhindern.

Finale Staatenaustauschliste 2024 

Mit der Bekanntmachung vom 13. Juni 2024 hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) die finale Staatenaustauschliste für 2024 veröffentlicht. Diese Liste enthält alle Staaten, mit denen Deutschland zum 30. September 2024 einen automatischen Austausch von Finanzinformationen durchführen wird. Die meldenden Finanzinstitute müssen dem BZSt die entsprechenden Finanzkontendaten bis zum 31. Juli 2024 übermitteln.

Rechtsgrundlage

Die Rechtsgrundlagen für den Austausch der Informationen ergeben sich aus verschiedenen internationalen Abkommen und EU-Richtlinien, darunter:
– Richtlinie 2011/16/EU des Rates über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung
– Mehrseitige Vereinbarung vom 29. Oktober 2014 zwischen den zuständigen Behörden über den automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten
– Übereinkommen über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen

Staaten auf der finalen Austauschliste 2024

Die finale Austauschliste 2024 umfasst eine Vielzahl von Staaten, darunter:
– EU-Mitgliedstaaten: Alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union

– Drittstaaten: Staaten, die Vertragsparteien der Mehrseitigen Vereinbarung sind und die Voraussetzungen für den Informationsaustausch erfüllen

Einige Beispiele aus der Liste:
– Albanien
– Andorra
– Anguilla
– Argentinien
– Australien
– Bahamas
– Bahrain
– Belgien
– Brasilien
– Britische Jungferninseln

Die vollständige Liste ist auf der Internetseite des BZSt unter www.bzst.bund.de einsehbar.

Bedeutung für Finanzinstitute

Die Finanzinstitute in Deutschland sind verpflichtet, die Daten der meldepflichtigen Konten für das Jahr 2023 bis zum 31. Juli 2024 elektronisch an das BZSt zu übermitteln. Diese Daten umfassen unter anderem:
– Kontoinhaber
– Kontostände
– Zinserträge
– Dividenden

Konsequenzen für Steuerpflichtige

Der automatische Austausch von Finanzkontoinformationen nach dem Finanzkonten-Informationsaustauschgesetz (FKAustG) hat mehrere wesentliche Konsequenzen für Steuerpflichtige. Diese Maßnahmen zielen darauf ab, Steuerhinterziehung und -vermeidung zu erschweren und die Transparenz zu erhöhen. Im Folgenden sind die wichtigsten Konsequenzen aufgeführt:

1. Erhöhte Transparenz und Entdeckungswahrscheinlichkeit
Durch den automatischen Austausch von Finanzkontoinformationen zwischen den Steuerbehörden verschiedener Länder erhöht sich die Transparenz erheblich. Steuerpflichtige können nicht mehr darauf vertrauen, dass Finanzinformationen im Ausland verborgen bleiben. Die Entdeckungswahrscheinlichkeit von nicht deklarierten ausländischen Konten und Einkünften steigt deutlich.

2. Verpflichtung zur korrekten Deklaration
Steuerpflichtige sind verpflichtet, sämtliche Einkünfte, einschließlich derjenigen aus ausländischen Finanzkonten, in ihrer Steuererklärung anzugeben. Unvollständige oder falsche Angaben können leichter aufgedeckt werden, was zu einer Korrektur der Steuererklärung und gegebenenfalls zu Nachzahlungen führt.

3. Strafrechtliche Konsequenzen
Sollten Steuerpflichtige ihre ausländischen Einkünfte nicht korrekt deklarieren und dies durch den Informationsaustausch aufgedeckt werden, drohen strafrechtliche Konsequenzen wegen Steuerhinterziehung. Dies kann zu erheblichen Geldstrafen und in schwerwiegenden Fällen zu Freiheitsstrafen führen.

4. Zinszahlungen auf Steuernachforderungen
Für nicht deklariertes Einkommen, das durch den Informationsaustausch aufgedeckt wird, können erhebliche Nachforderungen seitens der Steuerbehörden entstehen. Auf diese Nachforderungen werden Zinsen erhoben, die die finanzielle Belastung der Steuerpflichtigen weiter erhöhen.

5. Selbstanzeige und Strafbefreiung
Für Steuerpflichtige, die bisher unentdeckte ausländische Einkünfte nicht deklariert haben, besteht die Möglichkeit einer strafbefreienden Selbstanzeige. Diese muss jedoch vollständig und rechtzeitig erfolgen, bevor die Steuerbehörden von den unversteuerten Einkünften Kenntnis erlangen.

6. Änderungen im Verhalten der Steuerpflichtigen
Die erhöhte Entdeckungswahrscheinlichkeit und die strengen Konsequenzen führen dazu, dass Steuerpflichtige ihr Verhalten anpassen. Viele Steuerpflichtige werden verstärkt darauf achten, alle relevanten Einkünfte korrekt zu deklarieren und Steuerpflichten fristgerecht zu erfüllen.

7. Auswirkungen auf die Steuerplanung
Steuerpflichtige und ihre Berater müssen ihre Steuerplanungsstrategien überdenken. Die Nutzung ausländischer Konten zur Steuervermeidung wird durch den automatischen Informationsaustausch erheblich eingeschränkt. Steuerplanungsstrategien müssen daher den aktuellen gesetzlichen Vorgaben entsprechen und transparent sein.

Fazit

Der automatische Austausch von Informationen über Finanzkonten hat weitreichende Konsequenzen für Steuerpflichtige. Die gestiegene Transparenz und die verbesserten Möglichkeiten der Steuerbehörden, unversteuerte Einkünfte aufzudecken, erhöhen den Druck auf Steuerpflichtige, ihre Steuererklärungen korrekt und vollständig abzugeben. Um strafrechtliche Konsequenzen zu vermeiden, sollten Steuerpflichtige die Möglichkeit der
strafbefreienden Selbstanzeige in Erwägung ziehen und ihre Steuerpflichten umfassend erfüllen.

Für eine individuelle Beratung stehen unsere Experten Ihnen gerne zur Verfügung.

Quellen:
Bundesfinanzministerium, Bekanntmachung einer finalen Staatenaustauschliste 2024

 

Michael Olfen, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Straf- und Steuerrecht, ist Gründungspartner der Kanzlei Olfen Meinecke Völger Rechtsanwälte Steuerberater PartG mbB 

Grundsätze zur Anwendung des Steueroasen-Abwehrgesetzes (StAbwG)

Das Steueroasen-Abwehrgesetz (StAbwG) zielt darauf ab, steuerliche Missbräuche durch nicht kooperative Steuerhoheitsgebiete zu verhindern. In diesem Beitrag fassen wir die wesentlichen Inhalte und Maßnahmen des Gesetzes zusammen, wie sie im aktuellen Dokument des Bundesfinanzministeriums dargestellt sind.

I. Umsetzung der Maßnahmen der Gruppe Verhaltenskodex

Das StAbwG setzt die Maßnahmen der EU-Gruppe Verhaltenskodex (Unternehmensbesteuerung) um. Diese Maßnahmen richten sich gegen Steuerpraktiken, die als schädlich angesehen werden und die Integrität des Steuersystems gefährden.

II. Nicht kooperative Steuerhoheitsgebiete und Ansässigkeit

Das Gesetz definiert, welche Gebiete als nicht kooperativ gelten und welche steuerlichen Konsequenzen für Unternehmen und Einzelpersonen entstehen, die Geschäftsbeziehungen zu diesen Gebieten unterhalten.

III. Anwendungsbereich

Das StAbwG hat einen klar definierten Anwendungsbereich:

Persönlicher Anwendungsbereich: Es betrifft sowohl natürliche als auch juristische Personen, die in Deutschland steuerpflichtig sind.

Sachlicher Anwendungsbereich: Erfasst werden alle Geschäftsvorgänge mit Bezug zu nicht kooperativen Steuerhoheitsgebieten.

Zeitlicher Anwendungsbereich: Die Regelungen gelten ab einem bestimmten Zeitpunkt, der im Gesetz näher beschrieben ist​.

IV. Betroffene Geschäftsvorgänge

Das Gesetz beschreibt detailliert die Arten von Geschäftsvorgängen, die unter die neuen Regelungen fallen. Dazu gehören insbesondere Finanzierungsbeziehungen, Versicherungs- und Rückversicherungsprämien, Dienstleistungen sowie der Handel mit Waren und Dienstleistungen​.

V. Abwehrmaßnahmen

Das StAbwG sieht verschiedene Abwehrmaßnahmen vor, um steuerliche Missbräuche zu verhindern:

Wichtige Änderungen und Maßnahmen

  1. Hinzurechnungsbesteuerung: Die verschärfte Hinzurechnungsbesteuerung gilt ab 2024 für alle Einkünfte, nicht nur passive. Das bedeutet, dass Gewinne von Tochtergesellschaften in nicht kooperativen Gebieten stärker besteuert werden.
  2. Erhöhte Mitwirkungspflichten: Unternehmen müssen umfassendere Aufzeichnungs- und Meldepflichten erfüllen. Diese Informationen müssen bei Aufforderung der Finanzbehörde an Eides statt versichert werden.
  3.  Quellensteuermaßnahmen: Es werden erweiterte Quellensteuern auf Zahlungen in nicht kooperative Gebiete erhoben.
  4. Versagung von Abkommensvorteilen: Die Vorteile aus Doppelbesteuerungsabkommen werden verweigert, was die steuerliche Attraktivität von Geschäftsbeziehungen zu diesen Gebieten weiter mindert.
  5. Verbot des Betriebs- und Werbungskostenabzugs: Ab 2027 dürfen Betriebsausgaben und Werbungskosten, die im Zusammenhang mit Geschäften in nicht kooperativen Gebieten stehen, nicht mehr steuerlich geltend gemacht werden.
  6. Steuerfreistellung bei Gewinnausschüttungen: Ab 2026 wird die Steuerfreistellung von Gewinnausschüttungen und Anteilsveräußerungen aufgehoben.
VI. Gesteigerte Mitwirkungspflichten

Steuerpflichtige, die Geschäfte mit nicht kooperativen Steuerhoheitsgebieten tätigen, unterliegen erhöhten Mitwirkungspflichten. Sie müssen detaillierte Aufzeichnungen führen und diese der Finanzverwaltung vorlegen. Bei Verletzung dieser Pflichten werden steuerliche Sanktionen verhängt​.

VII. Verhältnis zu anderen Regelungen

Das StAbwG wird in Verbindung mit anderen steuerlichen Regelungen angewendet, um eine umfassende Bekämpfung von Steuervermeidungspraktiken zu gewährleisten. Es steht im Vorrang zu bestimmten anderen Abzugsverboten, wie der Zinsschranke nach § 4h EStG​.

VIII. Liste der nicht kooperativen Steuerhoheitsgebiete

Die EU führt eine Liste von Ländern und Gebieten, die als nicht kooperativ in Steuerangelegenheiten gelten. Diese Liste wird regelmäßig aktualisiert und bildet die Grundlage für die Anwendung der Maßnahmen des StAbwG.

Zusätzlich zu Russland sind die folgenden 15 Länder und Gebiete als nicht kooperative Länder und Gebiete für Steuerzwecke eingestuft:

1. Amerikanisch-Samoa
2. Anguilla
3. Bahamas
4. Britische Jungferninseln
5. Costa Rica
6. Fidschi
7. Guam
8. Marshallinseln
9. Palau
10. Panama
11. Samoa
12. Trinidad und Tobago
13. Turks- und Caicosinseln
14. Amerikanische Jungferninseln
15. Vanuatu

Diese Gebiete erfüllen die Kriterien des § 2 StAbwG und stehen daher im Fokus der Abwehrmaßnahmen des Gesetzes. Änderungen und Aktualisierungen der Liste erfolgen regelmäßig und werden im Bundesgesetzblatt veröffentlicht.

Fazit

Das Steueroasen-Abwehrgesetz ist ein wichtiger Schritt zur Bekämpfung von Steuervermeidungsstrategien und zur Sicherstellung einer fairen Besteuerung. Unternehmen und Einzelpersonen sollten sich mit den neuen Regelungen vertraut machen und ihre Geschäftsbeziehungen entsprechend überprüfen und anpassen.

Für weiterführende Informationen und individuelle Beratung steht Ihnen unser Team gerne zur Verfügung. Bleiben Sie informiert und steuerlich auf der sicheren Seite!

Quellen:

Bundesfinanzministerium, Grundsätze zur Anwendung des Steueroasen-Abwehrgesetzes (StAbwG)

Michael Olfen, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Straf- und Steuerrecht, ist Gründungspartner der Kanzlei Olfen Meinecke Völger Rechtsanwälte Steuerberater PartG mbB 

Deutsche Wirtschaftsnachrichten: Interview mit RA Michael Olfen

 

Die Europäische Wirtschaftliche Interessenvereinigung (EWIV) ist eine grenzüberschreitende Rechtsform, welche die transnationale Zusammenarbeit von Unternehmen vereinfacht. Auch die Rechtsanwaltskanzlei OMV PartGmbB hat sich als esb Rechtsanwälte EWIV mit mehreren europäischen Kanzleien zusammengeschlossen.

Anlässlich des scheinbaren Missbrauchs dieser Rechtsform durch beispielsweise die IK-EWIV hat RA Michael Olfen den Deutschen Wirtschaftsnachrichten ein Interview gegeben.

Unter folgendem Link können Sie das ganze Interview mit RA Michael Olfen lesen:

Link: EWIV wird von dubiosen Konstrukten in Verruf gebracht

 

 

Neue Zoll-Strategie gegen Organisierte Kriminalität, Geldwäsche und Schwarzarbeit

Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) kündigte am 03.05.2023 eine neue Strategie der Zollbehörden zur Bekämpfung von Organisierter Kriminalität (OK) und Geldwäsche an. Unter anderem sollen sowohl ein “OK-Bekämpfungszentrum” als auch mehrere regionale Ermittlungszentren errichtet werden.   

Finanzminister Christian Lindner (FDP) verkündete, dass der Zoll eine neue Strategie brauche, um vor allem “international agierende Täterstrukturen” aufzudecken und zu strafrechtlicher Verantwortung zu ziehen. Der Fokus liege dabei insbesondere auf der Einziehung von illegalen Vermögenswerten. Eine zentrale Maßnahme der Neustrukturierung soll das Errichten von regionalen Ermittlungszentren des Zollfahndungsdienstes sowie der Finanzkontrolle Schwarzarbeit sein. Auch ein Innovationszentrum für die technische Unterstützung der Zolleinheiten sei geplant. Dadurch, dass die Ermittlungszentren die Arbeit im Bereich der Organisierten Kriminalität und der Schwarzarbeit im großen Stil übernehmen, sollen die Zollfahndungsdienste entlastet werden, um sich vermehrt „der Bearbeitung von Basisermittlungen” annehmen zu können. Des Weiteren verfolge die neue Struktur innerhalb der Zollbehörde das Ziel, eine “übergeordnete Betrachtung der Prozesse” zu ermöglichen, betonte Dr. Tino Igelmann, Leiter des Zollkriminalamtes und ehemaliger Direktionspräsident für die Finanzkontrolle Schwarzarbeit. Durch das Bündeln aller relevanten Informationen und der nötigen Einsatzkräfte an mehreren regionalen und einem zentralen Ermittlungszentrum solle auch die Zusammenarbeit mit weiteren deutschen und internationalen Behörden erleichtert werden.  

Deutlich wird, dass das politische Bestreben, Organisierte Kriminalität, Geldwäsche sowie Schwarzarbeit zu bekämpfen und insbesondere die dadurch generierten Vermögenswerte einzuziehen, nun durch konkrete Maßnahmen umgesetzt werden soll. Die aktuellen acht OK-Zollfahndungsämter und 41 Hauptzollämter für Schwarzarbeit sollen dafür nicht nur umstrukturiert, sondern auch technisch besser ausgerüstet werden. Aktuell arbeiten laut Lindner 50 Mitarbeitende BMF an dem dafür notwendigen Gesetzgebungsverfahren, dessen formaler Prozess im Jahr 2024 abgeschlossen werde.  

 

Für die Transkription der Pressekonferenz klicken Sie hier  

 

Dr. Fabian Meinecke, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Straf- und Steuerrecht, ist Gründungspartner der Kanzlei Olfen Meinecke Völger Rechtsanwälte Steuerberater PartG mbB 

Lotta Ann Olfen ist studentische Hilfskraft der Kanzlei Olfen Meinecke Völger

 

NRW erhält Daten einer Handelsplattform für Kryptowährungen

Das nordrhein-westfälische Ministerium der Finanzen hat auf ein Auskunftsersuchen hin Daten über Händler*innen auf Kryptoplattformen erhalten, welche nun auf Nachweise für Steuerhinterziehungen untersucht werden. Das Datenpaket sei bereits mit anderen Bundesländern geteilt worden.  

Wie in einem vorherigen Blogpost erklärt, unterliegen Einkünfte aus dem Handel mit Kryptowährungen gemäß § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1 EStG als privates Veräußerungsgeschäft der Einkommensteuer. Dies hat insbesondere zur Folge, dass Gewinne aus dem Handel mit Currency Tokens bei einer Haltedauer von unter einem Jahr in Höhe des persönlichen Steuersatzes versteuert werden müssen. Werden die Kryptowährungen über ein Jahr gehalten, sind Gewinne aus der Veräußerung grundsätzlich nicht zu versteuern. Anderes gilt für das Mining von Tokens, welches bei sehr geringem Umfang steuerfrei bleiben kann, in der Regel aber der Gewerbesteuer unterworfen ist. Grundsätzlich ist es für Trader empfehlenswert, ihre An- und Verkäufe übersichtlich und plausibel zu dokumentieren und dadurch einen Nachweis für die Steuerbarkeit zu erbringen, sodass effektiv gegen einen etwaigen Schätzungsbescheid vorgegangen werden kann. Durch die Auskunft an die Finanzämter erhalten diese nun zumindest für die Trades auf den betroffenen Krypto-Handelsplattformen Informationen über private Einkünfte. Daraus können sie auch ohne die Auflistung durch die Steuerpflichtigen den Zeitraum sowie die Höhe der Gewinne ermitteln und den Umfang der Steuerpflicht bestimmen.  

Wer nun Gefahr läuft, einer Steuerhinterziehung beschuldigt zu werden, sollte über eine strafbefreiende Selbstanzeige nachdenken. Auch ein Einspruch gegen festgesetzte Steuerbescheide kann sich u.U. lohnen.  

Sprechen Sie uns gerne an, wenn wir Ihnen Unterstützung bieten können. 

 

Dr. Fabian Meinecke, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Straf- und Steuerrecht, ist Gründungspartner der Kanzlei Olfen Meinecke Völger Rechtsanwälte Steuerberater PartG mbB 

Lotta Ann Olfen ist studentische Hilfskraft der Kanzlei Olfen Meinecke Völger

Wann können sich Steuerberaterinnen und Steuerberater anlässlich ihrer Berufsausübung strafbar machen? 

Die Abgrenzung zwischen straffreier Berufsausübung und strafrechtlich relevanter Beihilfe wird juristisch viel diskutiert. Ab wann soll ein eigentlich sozialadäquates Handeln der Strafbarkeit unterliegen? Wie schutzwürdig sind Berufsträger*innen, die Kenntnis von kriminellen Plänen ihrer Mandant*innen haben und diesen dennoch ihre beruflichen Leistungen zukommen lassen? 

Ein aktueller Beschluss des BGH (BGH Beschluss v. 17.6. 2021 – 1 StR 132/21) gibt Anlass, sich eingehend mit der Frage auseinanderzusetzen, ab wann sich Steuerberaterinnen und Steuerberater der Beihilfe zur Steuerhinterziehung gemäß § 27 Abs. 1 StGB, § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO strafbar machen.  

Die Meinungen in der Literatur hierzu sind vielfältig, sie reichen von subjektiven über objektive zu gemischt objektiv-subjektiven Kriterien.  

Die objektiven Maßstäbe orientieren sich überwiegend an der professionellen Adäquanz des Handelns und verlangen für eine Strafbarkeit zum Beispiel einen Verstoß gegen die Berufsordnung. Wenn ein solcher vorliegt oder das Handeln außerhalb des rechtlich gebilligten Risikos liegt, soll es eine strafbare Beihilfehandlung darstellen. Die Kritik an lediglich objektiven Kriterien ist klar: Was ist mit den Fällen, in denen eine beruflich neutrale Handlung eine Straftat fördert und der Handelnde davon weiß? Ein Beispiel hierfür ist der gewerbliche Verkauf von (Schuss-)Waffen: Wenn der Händler erkennt, dass der Erwerber damit eine Straftat begehen wird. Dies verstößt nicht gegen berufliche Vorschriften, wenn er dabei den gewöhnlichen Arbeitsablauf beibehält. Aber ist es noch ein rechtlich erlaubtes berufstypisches Risiko? Eine Frage, auf die es viele Antworten und Meinungen geben kann, die aber kein handliches Kriterium für die Grenzen der Strafbarkeit darstellt.  

Rein subjektive Maßstäbe orientieren sich an der inneren Haltung des Gehilfen gegenüber der Haupttat. Inwiefern wusste der Beihelfende davon und wollte er sie fördern? Wenn sie nur für möglich gehalten wird (dolus eventualis), soll demnach keine Strafbarkeit eintreten. 

Ein Ansatz, der sich nur schwer umsetzen lässt: Wenn allein die Gesinnung des Gehilfen für seine Strafbarkeit verantwortlich ist, so kann dieser sich jederzeit hinter seinem beruflichen Handeln verstecken und darauf bestehen, dass er lediglich seiner Pflicht nachgekommen sei und das Risiko der Haupttat nicht erkannt habe.  

 Aus diesem Grund scheint auch der Rechtsprechung eine gemischt subjektiv-objektive Abgrenzung vorzugswürdig.  

Der BGH hat diese innerhalb des Steuerstrafrechts das erste Mal in einem Urteil aus dem Jahr 2000 (BGH, Urteil v. 1.8.2000 – 5 StR 624/99 (LG Wuppertal)) vorgenommen. Darin bekräftigt der BGH, dass berufstypische Handlungen, auch professionell adäquate, nicht generell straflos sind. Vielmehr stellt er zur Bewertung der Strafbarkeit auf Grundsätze ab, die auf der subjektiven Tatseite liegen, aber durch objektive Kriterien unterstützt werden.   

Wenn ein Gehilfe weiß, dass das Handeln des Haupttäters ausschließlich auf eine strafbare Handlung abzielt, so verlässt sein Tatbeitrag die Straflosigkeit und ist keine rechtlich neutrale Berufsausübung mehr. Eine innere Haltung zu der Haupttat, ein Wollen, wird nicht verlangt, lediglich auf das Wissen des Gehilfen kommt es an. Kompliziert wird es, wenn keine klare Kenntnis über die Haupttat vorliegt. Wenn diese lediglich für möglich gehalten wird, dem Helfenden aber nicht als die wahrscheinlichste Handlungsalternative erscheint, soll eine Strafbarkeit ausscheiden. In diesem Fall hat der Schutz des Berufsalltags Vorrang gegenüber dem Risiko einer Straftat. Wenn der Gehilfe das Risiko aber erkannt hat und die strafbare Haupttat für sehr wahrscheinlich hält, wendet der BGH die Figur des angelegen sein lassens an. So ist dann eine Solidarisierung mit dem Täter anzunehmen und eine Strafbarkeit zu bejahen, wenn die Hilfeleistung die Förderung eines erkennbar tatgeneigten Täters darstellt, der Gehilfe sich die Haupttat damit also angelegen sein lässt.  

Damit löst der BGH für sich das Dilemma, dass manche Straftaten (nur) unter Mithilfe von gewissen Berufsgruppen begangen werden können, Vertreter*innen dieser Berufsgruppen  aber nicht andauernd befürchten sollen, sich an einer strafbaren Handlung zu beteiligen.  

Das angelegen sein lassen eröffnet der Rechtsprechung einen Raum, um im Einzelfall auch bei fehlender sicherer Kenntnis des Gehilfen zu einer Strafbarkeit zu kommen und die Tatsache zu berücksichtigen, dass die Straftat ohne ihre Hilfe nicht hätte begangen werden können.  

Für Steuerberaterinnen und Steuerberater führt dies zu einer gewissen Sorgfaltspflicht.

Wenn es sehr wahrscheinlich erscheint, dass ein*e Mandant*in eine Steuerstraftat begehen will und dafür auch die Steuerberatung in Anspruch genommen werden soll, kann diese sich bei Tätigwerden der Beihilfe strafbar machen. Wenn also Tatsachen die Vermutung verhärten, dass Mandant*innen sich zur Vollendung einer strafbaren Handlung des Berufträgers bedienen, sollte ermittelt werden, wie hoch das Risiko erscheint. Wenn das Ziel der angefragten Dienstleistung höchstwahrscheinlich strafbar ist, so sollten Steuerberater*innen von ihr absehen. Wie stark die Vermutung ausgeprägt sein muss, damit die Grenze zur Strafbarkeit überschritten wird, ist nicht abschließend zu beantworten.   

Im oben erwähnten Beschluss des BGH verneinte dieser ein angelegen sein lassen auch nachdem die Steuerberatung aufgrund eines Verdachtes gegen einen Mandanten durchsucht wurde und der Steuerberater im vorgelegten Durchsuchungsbeschluss einsehen konnte, was seinem Mandanten vorgeworfen wurde. Das Landgericht sah hier das Risiko, dass auch die Steuerberatung in den Steuerbetrug eingebunden werden sollte, als so erkennbar hoch an, dass das weitere Tätigwerden für den Mandanten eine Beihilfe darstelle. Dies lehnte der BGH ab. Es sei nicht ausreichend belegt, dass der Steuerberater nach der Durchsuchung bösgläubig war, da weitere Hinweise, wie ein Führungswechsel innerhalb der Mandatsfirma, gegen ein Fortführen des Steuerbetrugs sprechen würden. Letztendlich lässt die Rechtsprechung hier aber einen Raum für Abwägungen im Einzelfall, der zu einer gewissen Rechtsunsicherheit führt. 

Praxishinweis: 

Steuerberater*innen sollten bei Verdacht gegen Mandant*innen immer eine Gesamtschau der verdachtserhärtenden Umstände vornehmen. Sobald Mandant*innen erkennbar tatgeneigt sind und dies als die wahrscheinlichste Möglichkeit zu bewerten ist, muss von der tatfördernden Handlung abgesehen werden.  

 

Michael Olfen, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Straf- und Steuerrecht, ist Gründungspartner der Kanzlei Olfen Meinecke Völger Rechtsanwälte Steuerberater PartG mbB 

Lotta Ann Olfen ist studentische Hilfskraft der Kanzlei Olfen Meinecke Völger

Die Herausgabe von personenbezogenen Daten an Staatsanwaltschaften, Polizei und Finanzbehörden durch Unternehmen im Wirtschafts- und Steuerstrafrecht   

Finanzminister Scholz kauft Steuerdaten aus Dubai – Ist die Selbstanzeige noch möglich?

Bundesfinanzminister kauft CD mit Steuerdaten aus Dubai Bundesfinanzminister Olaf Scholz hat für etwa zwei Millionen Euro eine CD gekauft, auf welcher sich steuerlich relevante Daten aus dem Emirat Dubai befinden sollen. Das Emirat lockt deutsche Staatsbürger mit Steuervorteilen und bietet attraktive Konditionen für jeden der Wege sucht, Steuern zu sparen. Auf der angekauften CD sollen […]

Auswirkungen der Reform des Geldwäsche-Tatbestandes

Wir haben uns mit der Reform der Geldwäsche-Strafbarkeit auseinandergesetzt und geben eine Einschätzung zu den Regelungen aus anwaltlicher Sicht.

Indem Geldwäsche den Schnittpunkt von illegalen Erlösen aus Straftaten und dem legalen Finanzkreislauf darstellt, gefährdet sie die Finanzbranche, den europäischen Binnenmarkt und die innere Sicherheit der Bundesrepublik und der Europäischen Union.

Mit dem Ziel einer effektiveren Verfolgung und Ahndung von Geldwäsche hat der Bundestag im Februar 2021 die Reform des Geldwäsche-Tatbestandes beschlossen. Mit dem neuen Gesetz wird zum einen die EU-Richtlinie über die strafrechtliche Bekämpfung der Geldwäsche umgesetzt und zum anderen dem Reformwunsch auf Seiten nationaler Rechtsanwender nachgekommen.

Der nähere Blick auf einige der Neureglungen der Reform und auf die zu erwartenden Auswirkungen auf die Praxis lässt einen weiteren Anstieg des Bedarfs an Geldwäsche-Compliance und den abzugebenden Verdachtsmeldungen erwarten.

Was ist neu? Der „All-Crimes“ Ansatz

Zentral bei der Reform ist der Verzicht auf den selektiven Vortatenkatalog.

Bisher war die Verfolgung nach § 261 StGB nur unter der Voraussetzung möglich, dass zuvor eine Straftat begangen wurde, die in dem Vortatenkatalog normiert war. Umfasst waren davon unter anderem Raub, gewerbsmäßiger Handel mit Betäubungsmitteln, Hehlerei und Bestechung. Stammte das Geld aus einer Straftat, die nicht in dem Katalog genannt war, konnte nicht wegen Geldwäsche verfolgt werden.

Mit dem nun eingeführten „all-crimes“ Ansatz soll das Verschleiern von kriminellen Profiten künftig grundsätzlich strafbar sein – unabhängig davon, durch welche Straftat sie erworben wurden.

Durch Aufnahme sämtlicher Straftaten in den Kreis der Vortaten verspricht sich der Gesetzgeber eine Erleichterung der Beweisführung. Es reicht künftig, wenn nachgewiesen werden kann, dass das Tatobjekt aus einer Straftat stammt. Nachforschungen, ob es sich dabei um eine Tat aus dem Vortatenkatalog handelt, können nun unterbleiben.

Die Deutsche Zoll- und Finanzgewerkschaft befürwortet die Tatbestandserweiterung, mit dem Argument, dass dem Einschleusen von illegal erwirtschaftetem Kapital in den legalen Wirtschaftskreislauf ein von der Vortat unabhängiges Verletzungspotential anhaftet, sodass die Art der illegalen Herkunft keine Rolle spielen kann. Die bisherige Einengung der Geldwäschestrafbarkeit ging an der Lebenswirklichkeit vorbei, betont die Gewerkschaft.

Die Ausweitung des Strafverteidigerprivilegs

Die Einführung des § 261 Abs. 1 Satz 3 StGB-E normiert das sog. Strafverteidigerprivileg und setzt die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts um. Danach führt die Honorarannahme, ohne sicheres Wissen, dass dieses aus einer Vortat stammt, in den Fällen des § 261 Abs. 1 Satz1 Nr. 3 und 4 StGB – E zu Straflosigkeit des Strafverteidigers.

Allerdings hätte die Reform auch genutzt werden können, um Rechtsanwälte einzubeziehen, die nicht als Strafverteidiger tätig sind. Es sind nämlich durchaus Fallkonstellationen vorstellbar, in denen ein zivilrechtliches Mandat in einem untrennbaren sachlichen Zusammenhang mit einem geldwäscherelevanten Sachverhalt steht. Für Rechtsanwälte, die in solchen Verfahren tätig sind, besteht faktisch das gleiche berufstypische Risiko, den Tatbestand der Geldwäsche zu erfüllen, wie für Strafverteidiger.

Die Privilegierung ausschließlich für Strafverteidiger erscheint daher nicht sachgerecht.

Wegfall der Regel zu ersparten Aufwendungen

Bisher regelte § 261 Abs. 1 Satz 3 Alt. 1 StGB, dass in Fällen der gewerbsmäßigen oder bandenmäßigen Steuerhinterziehung nach § 370 AO, auch ersparte Aufwendungen als Tatobjekte angenommen werden.

Die Einbeziehung ersparter Aufwendungen im Kontext von Steuerdelikten hat sich bisher weder als sachgerecht noch als praktikabel erwiesen und wird daher künftig entfallen. Unrechtmäßig erlangte Steuererstattungen und -vergütungen sind bereits ohne die Klarstellung Tatobjekte der Geldwäsche. Ihre Nennung im bisherigen § 261 Absatz 1 Satz 3 StGB ist daher nur deklaratorisch und kann entfallen.

Die Qualifikation für Verpflichtete nach § 2 GwG

In § 261 Abs. 4 StGB – E wird eine Qualifikation geschaffen, die für Geldwäschestraftaten von Verpflichteten nach § 2 GwG eine verschärfte Strafandrohung – Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren – vorsieht. Dies soll jedoch nur dann gelten, wenn der Täter als in Ausübung seines Gewerbes oder Berufes handelt, der ihn zum Verpflichteten macht.

Der Qualifikation liegt der Gedanke zugrunde, dass der Täter, der zur Abwehr einer bestimmten Gefahr berufen ist und einen tatbestandlichen Erfolg aktiv herbeiführt, ein schwerwiegendes Unrecht begeht. Allerdings nimmt der Gesetzgeber den Verpflichteten nach § 2 GwG hier in besonderer Form in die Pflicht, um an der Verhinderung von Geldwäsche mitzuwirken. Grund dafür ist, dass der Verpflichtete, z.B. ein Treuhänder, Rechtsanwalt oder Wirtschaftsprüfer, aufgrund seiner Tätigkeit wirksam Geldwäsche verhindern kann und seine Dienstleistungen missbraucht zu werden drohen. Künftig wird er jedoch nicht nur mit der Mitwirkung an der Verhinderung von Geldwäsche belastet, sondern ihm wird bei Nichterfüllung durch Unterlassen eine verschärfte Strafe angedroht.  Eine solche Strafschärfung ist nicht verhältnismäßig.

Es wäre daher angemessen, die Qualifikation auf Fälle der aktiven Begehung von Geldwäschehandlungen zu beschränken.

 

Die selbstständige Einziehung

Wesentliche Verbesserungen bei der Bekämpfung der Geldwäsche lassen sich nur durch effektive Möglichkeiten zur Vermögensabschöpfung erreichen. Dem Wirtschaftskreislauf werden dadurch Tatobjekte und Taterträge der Geldwäsche konsequent entzogen und der Vortäter in wirtschaftlicher Hinsicht isoliert. Die inkriminierten Vermögenswerte werden damit verkehrsunfähig gemacht.

Auch der Gesetzgeber sah die Notwendigkeit dahingehend tätig zu werden und änderte § 76a Abs. 4 StGB, die selbstständige Einziehung.

Zum einen sollen künftig Nutzungen, die aus einem aus einer Straftat stammenden Vermögensgegenstand gezogen werden, nach der geänderten Norm eingezogen werden.  Das betrifft z.B. Mieterlöse aus einem Wohnhaus, welches mit „gewaschenen“ Erlösen aus Drogengeschäften erworben wurde.

Des Weiteren beschränkt der Gesetzgeber mit der Änderung des § 76a Abs. 4 S.3 Nr. 1 lit. f) StGB den Bereich der Geldwäscheverfahren, die dieser Form der Einziehung unterliegen, auf solche mit Verbrechen und gewerbs- oder bandenmäßig begangenen Straftaten. Damit nimmt der Gesetzgeber von einer umfassenden Abschöpfung von Vermögenswerten mit illegaler Herkunft Abstand. Andernfalls würde durch den Wegfall des Vortatenkatalogs über den Umweg des § 261 StGB jede Straftat unter den Katalog des § 76 Abs. 4 S.3 StGB fallen und diesen empfindlich aushöhlen. Der Bunde deutscher Kriminalbeamter kritisiert die Änderung jedoch mit dem Argument, dass fortan zahlreiche bedeutsame Vortaten aus dem Anwendungsbereich des § 76a Abs. 4 StGB herausfallen (z.B. Vergehen der Terrorismusfinanzierung gem. § 89c StGB, Unterstützung einer terroristischen Vereinigung gem. § 129a Abs. 5 StGB). Diese Taten werden im Regelfall weder gewerbsmäßig noch bandenmäßig begangen.

Vor diesem Hintergrund besteht für eine effektive Bekämpfung von Geldwäsche im Rahmen des § 76a a Abs. 4 StGB weiterer Handlungsbedarf auf Seiten des Gesetzgebers.

 

Die Beibehaltung der Leichtfertigkeitsstrafbarkeit

Neu ist die Leichtfertigkeitsstrafbarkeit nicht. Jedoch sah der ursprüngliche Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz eine Strafbarkeit wegen Geldwäsche bei leichter Unkenntnis der inkriminierten Herkunft nicht mehr vor. Der Wegfall sei notwendig, um eine nahezu uferlose Anwendungsbreite des Tatbestandes zu verhindern. Die Verfasser des Entwurfes argumentierten zudem damit, dass mit der Streichung des Vortatenkatalogs das Bedürfnis nach einer Beweiserleichterung weitgehend entfalle.

Letztendlich hält der Gesetzgeber doch weiterhin an der Strafbarkeit einer leichtfertigen Geldwäsche (§ 261 Abs. 6 StGB – E) fest.

Dafür spricht, dass die Leichtfertigkeitsstrafbarkeit gerade im Hinblick auf Fälle der organisierten Kriminalität sinnvoll erscheint, da die „Geldwäscher“ typischerweise von den Hintermännern über die Vortaten im Unklaren gelassen werden. Der Geldwäscher erklärt in einer potentiellen Einlassung dann, dass er keine Kenntnisse über die Herkunft der Vermögenswerte hatte und darauf vertraut hätte, dass sie rechtmäßig erworben wurden. Solche Einlassungen lassen sich nur schwer widerlegen.

Zwar entfallen die objektiven Beweisschwierigkeiten, dass es sich um eine geldwäschetaugliche Vortat handelt, zum Teil. Jedoch würden im Falle der Abschaffung der Leichtfertigkeitsstrafbarkeit neue Nachweisprobleme auf der subjektiven Tatseite, also dass der Geldwäscher bedingten Vorsatz bezüglich der Herkunft aus einer Straftat hat, folgen. Es käme zu erheblichen Strafbarkeitslücken.

Der Deutsche Richterbund betont, dass einer uferlosen Anwendungsbreite des § 261 StGB – E in geeigneten Fällen durch die Anwendung der §§ 153 f. StPO begegnet werden kann.

 

 Auswirkungen auf die Praxis

Der Gesetzgeber ist überzeugt, dass die Reform geeignet ist, Beweisschwierigkeiten zu beseitigen. Immerhin entfällt die Notwendigkeit des Nachweises, dass ein Vermögensvorteil aus dem selektiven Kreis bestimmter Vortaten stammt.

Ein Blick in unsere europäischen Nachbarländer zeigt da etwas anderes. Unter anderem in Frankreich, Norwegen, dem Vereinigten Königreich und den Niederlanden wird bereits dem „all-crimes“ Ansatz gefolgt. Dort konnte bislang nicht gezeigt werden, dass dies die Strafverfolgung erleichtert hätte.

In der Praxis ist nämlich die größte Herausforderung, das konkrete Tatgeschehen festzustellen. Das Gericht muss vom Vorliegen einer Vortat überzeugt sein, also zu seiner sicheren Überzeugung feststellen, dass der zu waschende Gegenstand Tatertrag, Tatprodukt oder ein an dessen Stelle getretener anderer Vermögensgegenstand ist. Erst in einem zweiten Schritt ist es dann von Bedeutung, ob es sich bei der Vortat um eine Straftat aus dem Katalog handelt. Zu der Frage, wie eng oder weit der Kreis der Vortaten gezogen ist, kommt es also nur nach einer sorgfältigen Sachverhaltsaufklärung mit dem Ergebnis, dass eine Vortat überhaupt vorliegt. Die erhoffte Beweiserleichterung ist grundsätzlich vorstellbar, wird aber erst im zweiten Schritt spürbar werden. Die eigentliche Sachverhaltsaufklärung bleibt nach wie vor die eigentliche Herausforderung für die Ermittler und das Gericht.

 

Insgesamt wird eine Strafbarkeit wegen Geldwäsche in Zukunft deutlich häufiger greifen als bisher. Der Deutsche Richterbund erwartet, dass die Erweiterung des Anwendungsbereichs des § 261 StGB und die damit verbundene Ausweitung der Strafverfolgung im Bereich der Geldwäsche eine erheblich stärkere Belastung der Staatsanwaltschaften und Gerichte zur Folge hat. Ohne eine spürbare Verstärkung der personellen Ressourcen ist die materiell – rechtliche Strafbarkeitsausweitung des Gesetzes nicht zielführend.

 

Fazit

Ob mit der Neufassung des Geldwäschetatbestands die strafrechtliche Bekämpfung der Geldwäsche tatsächlich noch effektiver gestaltet werden konnte, wird sich wohl erst in den nächsten Jahren zeigen, wenn auf entsprechende Erfahrungswerte zurückgegriffen werden kann.

Letztendlich scheint es sich bei der Reform jedenfalls in Teilen auch symbolischen Akt zu handeln, mit dem der Gesetzgeber durch Erweiterungen des Strafbarkeit zeigen will,  dass er den Kampf gegen das organisierte Verbrechen aufnimmt. Die erhoffte flächendeckende Wirkung der Neuregelung ist ohne Aufstockung der Ressourcen allerdings sehr fraglich.

Die erhebliche Pflichtenerweiterungen der Vergangenheit etwa für Notare und Güterhändler, um nur zwei Gruppen von Verpflichteten zu nennen, hat auf der einen Seite den Bedarf an Geldwäsche-Compliance zur Risiko-Bewältigung schon stark erhöht. Dem steht eine regelmäßig als überlastet wahrgenommene FIU gegenüber, die bei der Bearbeitung der rekordverdächtig vermehrten Verdachtsmeldungen bereits jetzt schon kaum hinterherkommt. Für Unternehmer steigt daher durch die Reform das individuelle Risiko weiter, im regulären Geschäftsablauf mit Fragen des Geldwäscherechts konfrontiert zu werden.