Wir haben uns mit der Reform der Geldwäsche-Strafbarkeit auseinandergesetzt und geben eine Einschätzung zu den Regelungen aus anwaltlicher Sicht.
Indem Geldwäsche den Schnittpunkt von illegalen Erlösen aus Straftaten und dem legalen Finanzkreislauf darstellt, gefährdet sie die Finanzbranche, den europäischen Binnenmarkt und die innere Sicherheit der Bundesrepublik und der Europäischen Union.
Mit dem Ziel einer effektiveren Verfolgung und Ahndung von Geldwäsche hat der Bundestag im Februar 2021 die Reform des Geldwäsche-Tatbestandes beschlossen. Mit dem neuen Gesetz wird zum einen die EU-Richtlinie über die strafrechtliche Bekämpfung der Geldwäsche umgesetzt und zum anderen dem Reformwunsch auf Seiten nationaler Rechtsanwender nachgekommen.
Der nähere Blick auf einige der Neureglungen der Reform und auf die zu erwartenden Auswirkungen auf die Praxis lässt einen weiteren Anstieg des Bedarfs an Geldwäsche-Compliance und den abzugebenden Verdachtsmeldungen erwarten.
Was ist neu? Der „All-Crimes“ Ansatz
Zentral bei der Reform ist der Verzicht auf den selektiven Vortatenkatalog.
Bisher war die Verfolgung nach § 261 StGB nur unter der Voraussetzung möglich, dass zuvor eine Straftat begangen wurde, die in dem Vortatenkatalog normiert war. Umfasst waren davon unter anderem Raub, gewerbsmäßiger Handel mit Betäubungsmitteln, Hehlerei und Bestechung. Stammte das Geld aus einer Straftat, die nicht in dem Katalog genannt war, konnte nicht wegen Geldwäsche verfolgt werden.
Mit dem nun eingeführten „all-crimes“ Ansatz soll das Verschleiern von kriminellen Profiten künftig grundsätzlich strafbar sein – unabhängig davon, durch welche Straftat sie erworben wurden.
Durch Aufnahme sämtlicher Straftaten in den Kreis der Vortaten verspricht sich der Gesetzgeber eine Erleichterung der Beweisführung. Es reicht künftig, wenn nachgewiesen werden kann, dass das Tatobjekt aus einer Straftat stammt. Nachforschungen, ob es sich dabei um eine Tat aus dem Vortatenkatalog handelt, können nun unterbleiben.
Die Deutsche Zoll- und Finanzgewerkschaft befürwortet die Tatbestandserweiterung, mit dem Argument, dass dem Einschleusen von illegal erwirtschaftetem Kapital in den legalen Wirtschaftskreislauf ein von der Vortat unabhängiges Verletzungspotential anhaftet, sodass die Art der illegalen Herkunft keine Rolle spielen kann. Die bisherige Einengung der Geldwäschestrafbarkeit ging an der Lebenswirklichkeit vorbei, betont die Gewerkschaft.
Die Ausweitung des Strafverteidigerprivilegs
Die Einführung des § 261 Abs. 1 Satz 3 StGB-E normiert das sog. Strafverteidigerprivileg und setzt die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts um. Danach führt die Honorarannahme, ohne sicheres Wissen, dass dieses aus einer Vortat stammt, in den Fällen des § 261 Abs. 1 Satz1 Nr. 3 und 4 StGB – E zu Straflosigkeit des Strafverteidigers.
Allerdings hätte die Reform auch genutzt werden können, um Rechtsanwälte einzubeziehen, die nicht als Strafverteidiger tätig sind. Es sind nämlich durchaus Fallkonstellationen vorstellbar, in denen ein zivilrechtliches Mandat in einem untrennbaren sachlichen Zusammenhang mit einem geldwäscherelevanten Sachverhalt steht. Für Rechtsanwälte, die in solchen Verfahren tätig sind, besteht faktisch das gleiche berufstypische Risiko, den Tatbestand der Geldwäsche zu erfüllen, wie für Strafverteidiger.
Die Privilegierung ausschließlich für Strafverteidiger erscheint daher nicht sachgerecht.
Wegfall der Regel zu ersparten Aufwendungen
Bisher regelte § 261 Abs. 1 Satz 3 Alt. 1 StGB, dass in Fällen der gewerbsmäßigen oder bandenmäßigen Steuerhinterziehung nach § 370 AO, auch ersparte Aufwendungen als Tatobjekte angenommen werden.
Die Einbeziehung ersparter Aufwendungen im Kontext von Steuerdelikten hat sich bisher weder als sachgerecht noch als praktikabel erwiesen und wird daher künftig entfallen. Unrechtmäßig erlangte Steuererstattungen und -vergütungen sind bereits ohne die Klarstellung Tatobjekte der Geldwäsche. Ihre Nennung im bisherigen § 261 Absatz 1 Satz 3 StGB ist daher nur deklaratorisch und kann entfallen.
Die Qualifikation für Verpflichtete nach § 2 GwG
In § 261 Abs. 4 StGB – E wird eine Qualifikation geschaffen, die für Geldwäschestraftaten von Verpflichteten nach § 2 GwG eine verschärfte Strafandrohung – Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren – vorsieht. Dies soll jedoch nur dann gelten, wenn der Täter als in Ausübung seines Gewerbes oder Berufes handelt, der ihn zum Verpflichteten macht.
Der Qualifikation liegt der Gedanke zugrunde, dass der Täter, der zur Abwehr einer bestimmten Gefahr berufen ist und einen tatbestandlichen Erfolg aktiv herbeiführt, ein schwerwiegendes Unrecht begeht. Allerdings nimmt der Gesetzgeber den Verpflichteten nach § 2 GwG hier in besonderer Form in die Pflicht, um an der Verhinderung von Geldwäsche mitzuwirken. Grund dafür ist, dass der Verpflichtete, z.B. ein Treuhänder, Rechtsanwalt oder Wirtschaftsprüfer, aufgrund seiner Tätigkeit wirksam Geldwäsche verhindern kann und seine Dienstleistungen missbraucht zu werden drohen. Künftig wird er jedoch nicht nur mit der Mitwirkung an der Verhinderung von Geldwäsche belastet, sondern ihm wird bei Nichterfüllung durch Unterlassen eine verschärfte Strafe angedroht. Eine solche Strafschärfung ist nicht verhältnismäßig.
Es wäre daher angemessen, die Qualifikation auf Fälle der aktiven Begehung von Geldwäschehandlungen zu beschränken.
Die selbstständige Einziehung
Wesentliche Verbesserungen bei der Bekämpfung der Geldwäsche lassen sich nur durch effektive Möglichkeiten zur Vermögensabschöpfung erreichen. Dem Wirtschaftskreislauf werden dadurch Tatobjekte und Taterträge der Geldwäsche konsequent entzogen und der Vortäter in wirtschaftlicher Hinsicht isoliert. Die inkriminierten Vermögenswerte werden damit verkehrsunfähig gemacht.
Auch der Gesetzgeber sah die Notwendigkeit dahingehend tätig zu werden und änderte § 76a Abs. 4 StGB, die selbstständige Einziehung.
Zum einen sollen künftig Nutzungen, die aus einem aus einer Straftat stammenden Vermögensgegenstand gezogen werden, nach der geänderten Norm eingezogen werden. Das betrifft z.B. Mieterlöse aus einem Wohnhaus, welches mit „gewaschenen“ Erlösen aus Drogengeschäften erworben wurde.
Des Weiteren beschränkt der Gesetzgeber mit der Änderung des § 76a Abs. 4 S.3 Nr. 1 lit. f) StGB den Bereich der Geldwäscheverfahren, die dieser Form der Einziehung unterliegen, auf solche mit Verbrechen und gewerbs- oder bandenmäßig begangenen Straftaten. Damit nimmt der Gesetzgeber von einer umfassenden Abschöpfung von Vermögenswerten mit illegaler Herkunft Abstand. Andernfalls würde durch den Wegfall des Vortatenkatalogs über den Umweg des § 261 StGB jede Straftat unter den Katalog des § 76 Abs. 4 S.3 StGB fallen und diesen empfindlich aushöhlen. Der Bunde deutscher Kriminalbeamter kritisiert die Änderung jedoch mit dem Argument, dass fortan zahlreiche bedeutsame Vortaten aus dem Anwendungsbereich des § 76a Abs. 4 StGB herausfallen (z.B. Vergehen der Terrorismusfinanzierung gem. § 89c StGB, Unterstützung einer terroristischen Vereinigung gem. § 129a Abs. 5 StGB). Diese Taten werden im Regelfall weder gewerbsmäßig noch bandenmäßig begangen.
Vor diesem Hintergrund besteht für eine effektive Bekämpfung von Geldwäsche im Rahmen des § 76a a Abs. 4 StGB weiterer Handlungsbedarf auf Seiten des Gesetzgebers.
Die Beibehaltung der Leichtfertigkeitsstrafbarkeit
Neu ist die Leichtfertigkeitsstrafbarkeit nicht. Jedoch sah der ursprüngliche Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz eine Strafbarkeit wegen Geldwäsche bei leichter Unkenntnis der inkriminierten Herkunft nicht mehr vor. Der Wegfall sei notwendig, um eine nahezu uferlose Anwendungsbreite des Tatbestandes zu verhindern. Die Verfasser des Entwurfes argumentierten zudem damit, dass mit der Streichung des Vortatenkatalogs das Bedürfnis nach einer Beweiserleichterung weitgehend entfalle.
Letztendlich hält der Gesetzgeber doch weiterhin an der Strafbarkeit einer leichtfertigen Geldwäsche (§ 261 Abs. 6 StGB – E) fest.
Dafür spricht, dass die Leichtfertigkeitsstrafbarkeit gerade im Hinblick auf Fälle der organisierten Kriminalität sinnvoll erscheint, da die „Geldwäscher“ typischerweise von den Hintermännern über die Vortaten im Unklaren gelassen werden. Der Geldwäscher erklärt in einer potentiellen Einlassung dann, dass er keine Kenntnisse über die Herkunft der Vermögenswerte hatte und darauf vertraut hätte, dass sie rechtmäßig erworben wurden. Solche Einlassungen lassen sich nur schwer widerlegen.
Zwar entfallen die objektiven Beweisschwierigkeiten, dass es sich um eine geldwäschetaugliche Vortat handelt, zum Teil. Jedoch würden im Falle der Abschaffung der Leichtfertigkeitsstrafbarkeit neue Nachweisprobleme auf der subjektiven Tatseite, also dass der Geldwäscher bedingten Vorsatz bezüglich der Herkunft aus einer Straftat hat, folgen. Es käme zu erheblichen Strafbarkeitslücken.
Der Deutsche Richterbund betont, dass einer uferlosen Anwendungsbreite des § 261 StGB – E in geeigneten Fällen durch die Anwendung der §§ 153 f. StPO begegnet werden kann.
Auswirkungen auf die Praxis
Der Gesetzgeber ist überzeugt, dass die Reform geeignet ist, Beweisschwierigkeiten zu beseitigen. Immerhin entfällt die Notwendigkeit des Nachweises, dass ein Vermögensvorteil aus dem selektiven Kreis bestimmter Vortaten stammt.
Ein Blick in unsere europäischen Nachbarländer zeigt da etwas anderes. Unter anderem in Frankreich, Norwegen, dem Vereinigten Königreich und den Niederlanden wird bereits dem „all-crimes“ Ansatz gefolgt. Dort konnte bislang nicht gezeigt werden, dass dies die Strafverfolgung erleichtert hätte.
In der Praxis ist nämlich die größte Herausforderung, das konkrete Tatgeschehen festzustellen. Das Gericht muss vom Vorliegen einer Vortat überzeugt sein, also zu seiner sicheren Überzeugung feststellen, dass der zu waschende Gegenstand Tatertrag, Tatprodukt oder ein an dessen Stelle getretener anderer Vermögensgegenstand ist. Erst in einem zweiten Schritt ist es dann von Bedeutung, ob es sich bei der Vortat um eine Straftat aus dem Katalog handelt. Zu der Frage, wie eng oder weit der Kreis der Vortaten gezogen ist, kommt es also nur nach einer sorgfältigen Sachverhaltsaufklärung mit dem Ergebnis, dass eine Vortat überhaupt vorliegt. Die erhoffte Beweiserleichterung ist grundsätzlich vorstellbar, wird aber erst im zweiten Schritt spürbar werden. Die eigentliche Sachverhaltsaufklärung bleibt nach wie vor die eigentliche Herausforderung für die Ermittler und das Gericht.
Insgesamt wird eine Strafbarkeit wegen Geldwäsche in Zukunft deutlich häufiger greifen als bisher. Der Deutsche Richterbund erwartet, dass die Erweiterung des Anwendungsbereichs des § 261 StGB und die damit verbundene Ausweitung der Strafverfolgung im Bereich der Geldwäsche eine erheblich stärkere Belastung der Staatsanwaltschaften und Gerichte zur Folge hat. Ohne eine spürbare Verstärkung der personellen Ressourcen ist die materiell – rechtliche Strafbarkeitsausweitung des Gesetzes nicht zielführend.
Fazit
Ob mit der Neufassung des Geldwäschetatbestands die strafrechtliche Bekämpfung der Geldwäsche tatsächlich noch effektiver gestaltet werden konnte, wird sich wohl erst in den nächsten Jahren zeigen, wenn auf entsprechende Erfahrungswerte zurückgegriffen werden kann.
Letztendlich scheint es sich bei der Reform jedenfalls in Teilen auch symbolischen Akt zu handeln, mit dem der Gesetzgeber durch Erweiterungen des Strafbarkeit zeigen will, dass er den Kampf gegen das organisierte Verbrechen aufnimmt. Die erhoffte flächendeckende Wirkung der Neuregelung ist ohne Aufstockung der Ressourcen allerdings sehr fraglich.
Die erhebliche Pflichtenerweiterungen der Vergangenheit etwa für Notare und Güterhändler, um nur zwei Gruppen von Verpflichteten zu nennen, hat auf der einen Seite den Bedarf an Geldwäsche-Compliance zur Risiko-Bewältigung schon stark erhöht. Dem steht eine regelmäßig als überlastet wahrgenommene FIU gegenüber, die bei der Bearbeitung der rekordverdächtig vermehrten Verdachtsmeldungen bereits jetzt schon kaum hinterherkommt. Für Unternehmer steigt daher durch die Reform das individuelle Risiko weiter, im regulären Geschäftsablauf mit Fragen des Geldwäscherechts konfrontiert zu werden.