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Geldwerter Vorteil – worauf Unternehmen achten sollten

Anlässlich des mittlerweile medienwirksamen Ermittlungsverfahrens gegen Verantwortliche des Münchener Bekleidungsherstellers Bogner stellt sich für Unternehmer aktuell die Frage, ob ein geldwerter Vorteil gegeben ist, wenn ein Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern hochwertige Kleidungsstücke zur Verfügung stellt. Im Rahmen seiner Compliance-Gestaltung sind Unternehmen gut beraten, bei der Überlassung von Arbeitsprodukten an Mitarbeiter die jeweilige Praxis zu überprüfen. Wird sogar ein Steuerstrafverfahren eingeleitet, droht eine Überprüfung der letzten zehn Jahre, die mit erheblichen verzinsten Nachzahlungen enden kann.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat sich im Jahr 2006 sich bezüglich des Geldwerten Vorteils wie folgt geäußert (BFH, DStRE 2006, 1052, 1053 [Hervorhebungen nicht im Original]):

„Steuerpflichtiger Arbeitslohn ist dadurch gekennzeichnet, dass dem Arbeitnehmer Einnahmen (Bezüge oder geldwerte Vorteile) zufließen, die ‚für’ seine Arbeitsleistung gewährt werden (§ 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG). Diesem Tatbestandsmerkmal ist nach ständiger Rechtsprechung zu entnehmen, dass ein dem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber zugewendeter Vorteil Entlohnungscharakter für das Zur-Verfügung-Stellen der Arbeitskraft haben muss, um als Arbeitslohn angesehen zu werden. Dagegen sind solche Vorteile kein Arbeitslohn, die sich bei objektiver Würdigung aller Umstände nicht als Entlohnung, sondern lediglich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzung erweisen. Ein Vorteil wird dann aus ganz überwiegend eigenbetrieblichem Interesse gewährt, wenn im Rahmen einer Gesamtwürdigung aus den Begleitumständen zu schließen ist, dass der jeweils verfolgte betriebliche Zweck ganz im Vordergrund steht. In diesem Fall des ‚ganz überwiegend’ eigenbetrieblichen Interesses kann ein damit einhergehendes eigenes Interesse des Arbeitnehmers, den betreffenden Vorteil zu erlangen, vernachlässigt werden. Die danach erforderliche Gesamtwürdigung hat insbesondere Anlass, Art und Höhe des Vorteils, Auswahl der Begünstigten, freie oder nur gebundene Verfügbarkeit, Freiwilligkeit oder Zwang zur Annahme des Vorteils und seine besondere Geeignetheit für den jeweils verfolgten betrieblichen Zweck zu berücksichtigen (st. Rspr. des Senats, vgl. zuletzt BFH v. 18. 8. 2005, VI R 32/03, BFHE 210, 420, BStBl II 2006, 30, DStR 2005, 1810, mit Hinweis auf Senatsentscheidungen v. 7. 7. 2004, VI R 29/00, BFHE 208, 104, BStBl II 2005, 367, DStR 2005, 417; v. 30. 5. 2001, VI R 177/99, BFHE 195, 373, BStBl II 2001, 671, DStRE 2001, 1076; v. 25. 5. 2000, VI R 195/98 BFHE 192, 299, BStBl II 2000, 690, DStR 2000, 1641). Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen der Intensität des eigenbetrieblichen Interesses des Arbeitgebers und dem Ausmaß der Bereicherung des Arbeitnehmers. Je höher aus der Sicht des Arbeitnehmers die Bereicherung anzusetzen ist, desto geringer zählt das aus der Sicht des Arbeitgebers vorhandene eigenbetriebliche Interesse (BFH v. 11. 3. 1988, VI R 106/84, BFHE 153, 324, BStBl II 1988, 726, BeckRS 1988, 22008462). Tritt das Interesse des Arbeitnehmers gegenüber dem des Arbeitgebers in den Hintergrund, kann eine Lohnzuwendung zu verneinen sein. Ist aber – neben dem eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers – ein nicht unerhebliches Interesse des Arbeitnehmers gegeben, so liegt die Vorteilsgewährung nicht im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers und führt zur Lohnzuwendung (BFH v. 2. 2. 1990, VI R 15/86, BFHE 159, 513, BStBl II 1990, 472, BeckRS 1990, 22009356). Entgegen der Auffassung des FG ist es daher nicht unerheblich, wenn sich der dem Arbeitnehmer zugewandte Vorteil als außergewöhnlich hoch erweist.“

Die Bewertung, ob bei dem Überlassen von Kollektionsware aus vergangenen Kollektionen von einem lohnsteuerpflichtigem Vorgang auszugehen ist, lässt sich nach alledem nur im Einzelfall und aufgrund zahlreicher Parameter treffen. Eine solche Erhebung ist erfahrungsgemäß präventiv sinnvoll, um für eine etwaige Betriebsprüfung schon im Vorfeld gewappnet zu sein und mögliche steuerstrafrechtliche Risiken auszuschließen. Insbesondere wenn medial die sprichwörtliche „Sau durchs Dorf“ getrieben wird, wie im Fall Bogner, werden die Betriebsprüfer bei entsprechenden Sachverhalten besonders sensibilisiert sein. Das in der Rechtsprechung des BFH beschriebene betriebliche Interesse an der Überlassung bietet Anlass, die vorrangige Gewichtung der Bereicherung – also im Wesentlichen: des Warenwertes – zu hinterfragen. Unter Berücksichtigung der höheren Gewichtung von Belangen des Klimaschutzes und der Vermeidung von Abfall kann es aus unserer Sicht ein großes legitimes Interesse betroffener Unternehmen geben, die mit Entsorgung verbundenen Reputationsschäden zu vermeiden. In einer entsprechenden Compliance-Richtlinie innerhalb des Unternehmens können derartige Firmen-Grundsätze festgehalten werden.

Rechtsanwalt Dr. Fabian Meinecke

 

BFH: Sechs Prozent Zinsen auf Steuern sind realitätsfern

Der Bundesfinanzhof (BFH) zweifelt an der Verfassungsmäßigkeit der Höhe der Nachzahlungszinsen für Verzinsungszeiträume ab dem Jahr 2015. Mit Beschluss vom 25. April 2018 hat er daher die Aussetzung der Vollziehung (AdV) gewährt. Der BFH ist der Meinung, dass die in §§ 233a, 238 der Abgabenordnung (AO) festgelegten Zinsen von einhalb Prozent pro Monat einer nachzuzahlenden oder zu erstattenden Steuer realitätsfern seien. Der gesetzlich festgelegte Zinssatz überschreite den angemessenen Rahmen der wirtschaftlichen Realität erheblich, und verletze so den allgemeinen Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG). Er überschreite den angemessenen Rahmen der wirtschaftlichen Realität erheblich, da sich im Streitzeitraum ein niedriges Marktzinsniveaus strukturell und nachhaltig verfestigt habe. Es bestünden zudem schwerwiegende verfassungsrechtliche Zweifel, ob der Zinssatz dem aus dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG folgenden Übermaßverbot entspreche. Die realitätsferne Bemessung der Zinshöhe wirke in Zeiten eines strukturellen Niedrigzinsniveaus wie ein rechtsgrundloser Zuschlag auf die Steuerfestsetzung.

Allein bei der steuerlichen Betriebsprüfung vereinnahmte der Fiskus im Bereich der Zinsen nach § 233a AO nach Angaben des BFH in den letzten Jahren über zwei Milliarden Euro.

In dem dem BFH vorliegenden Fall hatte das Finanzamt auf eine nachzuzahlende Steuer von 1.984.800 €  Nachzahlungszinsen in Höhe von 240.831 € für den Zeitraum vom 1. April 2015 bis 16. November 2017 festgesetzt. Die Antragsteller hielten die Höhe der Zinsen von einhalb Prozent für jeden Monat für verfassungswidrig und beantragten eine Aussetzung der Vollziehung. Das Finanzamt und das Finanzgericht lehnten dies ab.

Demgegenüber gab der BFH am 25.April dem Antrag statt und setzte die Vollziehung des Zinsbescheids in vollem Umfang aus.

 

Der BFH äußerte zudem die Meinung, dass der Gesetzgeber überprüfen müsse, ob die ursprüngliche Entscheidung zu der in § 238 Abs. 1 Satz 1 AO geregelten gesetzlichen Höhe von Nachzahlungszinsen auch bei dauerhafter Verfestigung des Niedrigzinsniveaus aufrechtzuerhalten sei, oder ob die Zinshöhe herabgesetzt werden müsse.

BMF veröffentlicht Liste der am ersten automatischen Austausch von Steuerdaten zum 30. September 2017 teilnehmenden 53 Staaten

Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat am 6. April 2017 eine Liste der Staaten veröffentlicht, mit denen der erste automatische Datenaustausch zum 30. September 2017 erfolgen soll. Die Finanzinstitute der auf der Liste befindlichen Länder sollen alle Kontendaten bereits zum 31. Juli 2017 dem Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) übermitteln. Weiterlesen

Rasterfahndung im Finanzamt? Länderübergreifender Abruf und Verwendung von Daten gemäß § 88b AO

Durch das Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens vom 16.7.2016 ist zum 1.1.2017 auch die Vorschrift des § 88b AO in Kraft getreten. Sie kann erhebliche Folgen für zunehmend zentralisierte und digitalisierte Ermittlungen in Steuerstrafsachen haben – und ist möglicherweise verfassungswidrig. Weiterlesen

BMF veröffentlicht die amtliche Datensatzbeschreibung zum CRS-Informationsaustausch

In dem aktuellen Schreiben vom 1. März 2017 hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) den Obersten Finanzbehörden der Länder die amtlichen Datensatzbeschreibungen zum Austausch über Finanzkonten übermittelt. Damit sind die Länderbehörden über das genaue Prozedere bei der Übertragung von Finanzdaten nach dem Common Reporting Standard (CRS) sowie dem Gesetz zum automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten in Steuersachen (FKAustG) in Kenntnis gesetzt.  In Deutschland wird eine entsprechende Meldung bis spätestens 31.7.2017 für das Kalenderjahr 2016 einzureichen sein, damit das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) diese Daten an die ausländischen Finanzbehörden fristgerecht bis 30.9.2017 weiterleiten kann. Weiterlesen

Interview zu den steuerstrafrechtlichen Risiken bei Auslandsimmobilien

Im Private Banking Magazin erscheint heute das Interview von Rechtsanwalt Olfen und Rechtsanwalt Dr. Meinecke zu den steuerstrafrechtlichen Risiken, die sich für Eigentümer von über S.L.s (Sociedad Limitada) gehaltenen Immobilien insbesondere auf Mallorca seit 2013 entwickelt haben. Das grundsätzlich weltweit bestehende Risiko für Immobilieneigentümer wird insbesondere wegen des begonnenen automatischen Austauschs von Finanzdaten für die hohe Zahl von Deutschen auf der beliebten Baleareninsel zuerst Auswirkungen haben.

Steuergeheimnis, § 30 AO

Die Vorschrift § 30 AO regelt den Datenschutz in Steuersachen. Das Steuergeheimnis ist ein qualifiziertes Amtsgeheimnis. Weiterlesen