Straf- und steuerrechtliche Verjährung bei Schenkungsteuerhinterziehung
Der für Steuerstrafsachen (§§ 370 ff. AO) zuständige 1. Senat des Bundesgerichtshofs hat zur Frage, wann eine Tat wegen Schenkungsteuerhinterziehung aus Verjährungsgründen nicht mehr verfolgt werden kann, in einem Beschluss vom 25.07.2011 klargestellt, dass die unterlassene Anzeige bei der Schenkung die Grundlage bei der Berechnung der Verjährungsfrist bietet. Die Fristberechnung zur strafrechtlichen Verfolgungsverjährung darf aber nicht mit der steuerrechtlichen Festsetzungsfrist nach § 170 Abs. 5 Nr. 2 AO verwechselt werden. Der BGH hat mit seinem Beschluß dem Rechtsanwender eindeutige Regeln an die Hand gegeben, den Zeitpunkt für die Verfolgungsverjährung einer Schenkungsteuerhinterziehung durch Unterlassen, § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO, zu bestimmen.
Der Lauf der Verjährungsfrist beginnt jeweils mit der Beendigung der Unterlassungstaten (§ 78a Satz 1 StGB). Da es sich bei der Schenkungsteuer um eine Veranlagungssteuer handelt, ist die Hinterziehung zu dem Zeitpunkt beendet, zu dem die Veranlagung spätestens stattgefunden hätte, wenn der Schenkungsteuerpflichtige seiner Anzeigepflicht gemäß § 30 Abs. 1 ErbStG rechtzeitig nachgekommen wäre (Klein-Jäger, AO, 13. Aufl. 2016, § 370 Rn. 201). Da anders als bei anderen Veranlagungsteuern für die Schenkungsteuer mangels kontinuierlichem abschnittsbezogenem Veranlagungsverfahren kein allgemeiner Veranlagungsschluss festgestellt werden kann, ist für den Verjährungsbeginn maßgeblich, wann die Veranlagung der Schenkungsteuer dem Steuerpflichtigen bei rechtzeitiger Anzeige der Schenkung frühestens bekanntgegeben worden wäre (vgl. Rolletschke in Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, 2. Aufl. 2017, § 370 AO Rn. 487f.).
Nach diesen Grundsätzen bestimmen sich hier die Beendigungszeitpunkte für die Hinterziehung von Schenkungsteuer durch Unterlassen, § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO, wie folgt:
Der Steuerpflichtige hat die Schenkungen jeweils binnen einer Frist von drei Monaten nach Kenntnis von der jeweiligen Schenkung beim zuständigen Finanzamt schriftlich anzuzeigen (§ 30 Abs. 1 ErbStG). Wenn er dieser Pflicht fristgerecht nachgekommt, kann ihn das Finanzamt auffordern, binnen einer Frist von einem Monat eine Steuererklärung mit von ihm selbst berechneter Schenkungsteuer abzugeben (§ 31 Abs. 1 und 7 ErbStG). Damit könnte die Veranlagung und deren Bekanntgabe vier Monate nach der jeweiligen Schenkung erfolgen, so dass zu diesem Zeitpunkt die jeweilige Unterlassungstat im Einzelfall beendet ist. Auf die früheste Möglichkeit, die Schenkung anzuzeigen, ist nach dem 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hingegen nicht abzustellen, denn die Verjährung kann nicht beginnen, bevor die Tat begangen wurde. Dies ist aber erst mit Ablauf der Anzeigefrist gemäß § 30 Abs.1 ErbStG der Fall.
Die Bearbeitungsdauer bei den Finanzbehörden ist bei dieser fiktiven Steuerfestsetzung mit einem Monat anzusetzen, denn das Finanzamt könnte gemäß § 31 Abs.1 und Abs. 7 ErbStG die Abgabe einer Steuererklärung binnen eines Monats verlangen, in welcher der Steuerpflichtige die Steuer selbst zu berechnen hat.
Für die steuerliche Verjährungsfrist ist demgegenüber nach wie vor § 170 Abs. 5 Nr. 2 AO zu beachten. Danach beginnt bei einer Schenkung die Verjährung der steuerlichen Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Schenker gestorben ist oder die Finanzbehörde von der vollzogenen Schenkung Kenntnis erlangt hat, zu laufen. Dies kann bei Schenkungen zu einer erheblich längeren, in manchen Fällen sogar zu einer über zehnjährigen Verjährungsfrist von steuerlichen Nachforderungsansprüchen der Finanzbehörden führen.