Chi-Quadrat-Test – Hilfsmittel der Betriebsprüfung
Der Chi-Quadrat-Test ist eine stochastische Methode zur Überprüfung wahrheitsgemäßer Angaben des Steuerpflichtigen, z.B. hinsichtlich seiner Betriebseinnahmen. In den letzten Jahren ist die Zahl der Schätzungsfälle im Rahmen von Betriebsprüfungen stark angestiegen. Die Schätzungsmethoden der Finanzverwaltungen und deren Qualität ist insbesondere durch den vermehrten Einsatz von computergestützten Kalkulationsprogrammen (z.B. Chi-Quadrat-Test) verbessert worden.
Die Ausstattung jedes Betriebsprüfers mit modernen Personalcomputern, mit dem er bei einem Steuerpflichtigen erscheint, und auf deren Festplatte er sämtliche entsprechenden Kalkulationsprogramme zur Vornahme von Nachberechnungen immer bei sich trägt, ist Standard. Er benötigt nur noch die digitalen Dateien und Zahlenwerke, die er auf sein Rechnersystem einspielt, um im großen Umfang beim Steuerpflichtigen Prüfungen vornehmen zu können. Die digitalen Dateien sind vom Steuerpflichtigen nach den Grundsätze zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen (kurz: GDPdU) dem Prüfer auszuhändigen.
Hierbei hilft ihm insbesondere der Chi-Quadrat-Test, womit die formelle Ordnungsmäßigkeit der Buchführung angezweifelt werden kann.
Mit dem Chi²-Test wird der wissenschaftlichen Erkenntnis, dass „jeder Mensch seine Lieblingszahl“ hat, Rechnung getragen. Der Chi²-Test analysiert die Verteilung bestimmter Ziffern und basiert auf der Erkenntnis, dass jeder Mensch unbewusst Sympathien für oder Antipathien gegen eine bestimmte Zahl hat. Bei größeren Zahlenreihen ist deshalb zu erwarten, dass jede der Ziffern 0 – 9 mit einer bestimmten Häufigkeit, nämlich von 10%, vorkommt. Durch den Chi-Quadrat-Test kann eine Abweichung von diesem zu erwartenden Ergebnis festgestellt werden.
Bucht nämlich ein Unternehmer nicht die tatsächlichen Zahlen, sondern von ihm fingierte, und trägt diese ins Kassenbuch ein, spielen diese psychologischen Faktoren nach OFD-Münster eine entscheidende Rolle. Da jeder Mensch seine Lieblingszahlen unterbewusst häufiger benutzt, als die Zahlen, die gegenüber denen er eine Antipathie hegt, lassen sich hieraus Feststellungen für das Vorliegen einer nicht ordnungsgemäßen Buchhaltung erzielen.
An dieser Stelle setzt der Chi-Quadrat-Test an. Bei einer größeren Anzahl von fingierten Buchungen sind somit systematische Abweichungen zu erwarten. Die bevorzugten Zahlen sollen deutlich öfter als erwartet vorkommen und die Zahlen, gegen die der Unternehmer eine gewisse Abneigung hegt, deutlich seltener. Dabei wird im ersten Schritt bei einer durchgeführten Überprüfung das zu erwartende Ergebnis, von dem tatsächlichen Ergebnis einer Ziffer betrachtet. Die Differenz wird zusammen zu einem Quadrat genommen und die Summe der Differenzen durch die erwartete Anzahl je Ziffer dividiert. Man gelangt damit zu einem Ergebnis, welches der „Chi-Wert“ genannt wird.
Danach wird nach mathematischen Grundsätzen beurteilt, ob dieser Wert eine kleinere und damit grundsätzlich unbeachtliche zufällige Abweichung beinhaltet, oder aber ob hier eine größere Abweichung vorliegt, die einen Hinweis auf eine systematische Abweichung ( = fingierte Zahlen) erkennen lassen.
In einem zweiten Schritt werden anhand von Tabellen zur mathematischen Statistik Wahrscheinlichkeiten ermittelt und gegenüber gestellt. Dabei handelt es sich um eine prozentuale Wahrscheinlichkeit für eine zufällige Abweichung und für eine aufklärungsbedürftige Abweichung. Die aufklärungsbedürfte Abweichung bietet dann einen Hinweis auf besondere Ursachen.
Im Bereich zwischen den Chi-Werten von 21-30 wird man von einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit für systematische Abweichungen ausgehen müssen. Liegt aber der Chi-Wert über dem Wert von 30, dürfte von einer besonderen Ursache und damit von einer systematischen Abweichung sicher auszugehen sein.
Der Chi-Quadrat-Test ist von der Rechtssprechung grundsätzlich anerkannt worden, wobei der BGH die Anwendungen mathematischer statistischer Verfahren bereits mit seinem Urteil vom 14.12.1998 (Az: 419/89) ausdrücklich zugelassen hat.
Herauszustellen ist nach der Rechtssprechung, dass eine Auffälligkeit nach dem Chi-Test-Wert-Verfahren zwar noch kein Beweis im juristischen Sinne erbringt und bestimmte Zuschätzungen rechtfertigt. Es ist aber zu beachten, dass auch die Rechtssprechung bei entsprechenden Chi-Werten einen eindeutigen Hinweis auf mögliche Steuerverkürzungen, die dann bzw. über andere Verfahren, wie z.B. durch Verprobungen im einzelnen, ergänzend ermittelt werden können. Ein eindeutiges Ergebnis des Chi-Quadrat-Testes führt sogar nach Auffassung der Finanzverwaltung dazu, dass die Ordnungsmäßigkeit der Kassenführung verworfen werden kann und eine eigene Schätzung an deren Stelle erfolgen kann.
Die Einleitung eines Steuerstrafverfahrens ist, wenn aufgrund eines hohen Chi-Werts von einer besonderen Ursache und damit von einer systematischen Abweichung sicher auszugehen ist, sehr wahrscheinlich. Der Besuch der Steuerfahndung auch.